Weltweit leben etwa 38 Millionen Menschen mit HIV, in Deutschland rund 90.000. Bei HIV-bedingten schweren Erkrankungen spricht man von Aids. Mittlerweile gibt es Medikamente, die den Ausbruch der Krankheit verhindern. In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über Vorbeugung, Diagnose und Therapiemöglichkeiten.
Auf einen Blick
- Das HI-Virus infiziert Zellen des Immunsystems, die Krankheitserreger abwehren. Es kommt in Körperflüssigkeiten vor und wird häufig sexuell übertragen.
- Aids bedeutet, dass Menschen mit einer durch HIV stark geschwächten Immunabwehr an sonst harmlosen Infektionen erkranken.
- Medikamente verhindern, dass sich das HI-Virus vermehrt und Aids ausbricht. Die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (PrEP) sollte Menschen mit gesteigertem HIV-Risiko angeboten werden.
- Betroffene unter erfolgreicher Therapie gelten als nicht infektiös. In Deutschland sind das circa 95 Prozent aller gegen HIV Behandelten.
- Menschen mit HIV haben eine ähnliche Lebenserwartung wie Menschen ohne HIV.
- Kondome, Femidome und Dental Dams beim Geschlechtsverkehr sowie die PrEP senken das Infektionsrisiko.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.
Was ist HIV und was ist Aids?
HIV ist die englische Abkürzung für das menschliche Immunschwächevirus – Human Immunodeficiency Virus. Das Virus infiziert Zellen, die für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig sind. Weil das Virus dadurch das Immunsystem schwächt, spricht man vom Immunschwächevirus. Mit geschwächter Immunabwehr erkranken Menschen an Krankheiten, die sonst ungefährlich wären, gegen die sie sich nun aber nicht mehr schützen können. Wenn dieser Zustand erreicht ist, sprechen Ärztinnen und Ärzte von Aids. Das steht für den englischen Begriff „Acquired Immune Deficiency Syndrome“, zu Deutsch: erworbenes Immunschwächesyndrom.
Wichtig zu wissen: Aids ist nicht dasselbe wie HIV. Von Aids spricht man nur, wenn wegen einer unbehandelten HIV-Infektion andere schwere Krankheiten auftreten. Oft kommt es zu Lungenentzündungen oder Tumorerkrankungen. Es können aber auch andere Erkrankungen auftreten.
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Was sind sexuell übertragbare Infektionen (STI)?
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Es gelten die dort bekanntgegebenen Datenschutzhinweise.
Wie äußert sich eine HIV-Infektion?
Menschen mit HIV zeigen je nach Stadium der Infektion unterschiedliche Symptome. Sechs Tage bis sechs Wochen, meist jedoch zwei bis drei Wochen nach der Ansteckung zeigen sich bei einem Teil der Infizierten grippeähnliche Symptome, die schwach ausgeprägt sein können:
- Fieber
- Kopfschmerzen
- Muskel- und Gliederschmerzen
- Hautausschlag
- Halsschmerzen
- geschwollene Lymphknoten
- allgemeines Schwäche- und Krankheitsgefühl
- manchmal Durchfall
- selten Anzeichen einer Gehirnhautentzündung
Diese Symptome treten bei vielen Krankheiten auf und müssen nicht unbedingt Anzeichen einer HIV-Infektion sein.
Nach den ersten Symptomen einer HIV-Infektion vergehen oft Monate oder Jahre ohne weitere Anzeichen. Erst wenn sehr viele Immunzellen geschädigt sind, treten unterschiedliche Krankheiten auf, weil Krankheitserreger nicht mehr bekämpft werden können. Dazu zählen beispielsweise Pilzinfektionen, Hauterkrankungen, Lungenentzündungen, Toxoplasmose, Zytomegalie und bestimmte Krebsformen.
Wie stecken sich Menschen mit HIV an?
Zwar stecken sich hierzulande immer noch vorwiegend Männer an, die Sexualkontakte mit Männern haben. Das Risiko, sich anzustecken, hat an sich jedoch nichts mit Geschlecht oder sexueller Orientierung zu tun. Entscheidend ist das persönliche Sexualleben.
Das HI-Virus kommt besonders in Körperflüssigkeiten vor, mit denen Menschen beim Geschlechtsverkehr in Berührung kommen. Das sind:
- Sperma
- Scheidenflüssigkeit
- Menstruationsblut
- Flüssigkeit auf der Darmschleimhaut
Gelangen diese Flüssigkeiten auf Schleimhäute oder in offene Wunden, kann das Virus übertragen werden.
Ein sehr hohes Risiko besteht für Menschen, die Nadeln oder Injektionsbestecke teilen, etwa um sich Drogen zu spritzen. Die Infektionsgefahr verringert sich stark, wenn sie stattdessen sterile Nadeln verwenden und das Zubehör alleine nutzen.
Übertragungen in der Schwangerschaft sind kurz vor, vor allem aber während der Geburt möglich. Eine erfolgreiche Behandlung der Mutter reduziert das Risiko für das Kind von 20 bis 25 Prozent auf unter ein Prozent. Nach der Geburt kann die Infektion durch Stillen auf das Kind übertragen werden. Auch hier schützt die sogenannte antiretrovirale Therapie, also eine gegen das Virus gerichtete Behandlung.
Wichtig zu wissen: Das HI-Virus ist schwerer übertragbar als andere Viren oder Bakterien. Es wird nicht durch engen Hautkontakt und auch nicht über die Luft übertragen.
Nicht ansteckend sind:
- Husten
- Niesen
- Umarmen
- Schmusen
- Kuscheln
- Streicheln
- Petting
- Küssen, auch Zungenküsse
- Insektenstiche
- Alltagssituationen wie der gemeinsame Kinobesuch, Sport oder Arbeit
Auch Oralverkehr gilt als relativ sicher bezüglich einer HIV-Übertragung, aber nicht bezüglich anderer sexuell übertragbarer Infektionen, abgekürzt STI vom englischen Begriff Sexually Transmitted Infections.
Das Risiko, sich in Deutschland durch eine Bluttransfusion mit dem HI-Virus anzustecken, ist mittlerweile kleiner als eine pro drei Millionen Transfusionen und damit äußerst gering.
Sie haben weitere Fragen zum Thema HIV-Infektion und Aids? Auf der Webseite des Robert Koch-Instituts finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Wo kommt HIV vor?
Das HI-Virus gibt es auf der ganzen Welt. Die Infektionszahlen unterscheiden sich jedoch deutlich. Heute sind vorwiegend Regionen in Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika sowie Osteuropa betroffen. Weltweit sinken die Zahlen an Infektionen und Todesfällen. Das Gemeinsame Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids zählte im Jahr 2000 noch drei Millionen Neuinfizierte.
Im Jahr 2017 war diese Zahl auf 1,8 Millionen gesunken. Die Zahl der Menschen, die an Aids starben, sank im selben Zeitraum von eineinhalb auf eine Million. In Deutschland sind HIV-Infektionen meldepflichtig. Im Jahr 2019 infizierten sich etwa 3.105 Menschen neu und etwa 88.400 Menschen lebten hierzulande mit HIV.
Wie lässt sich einer HIV-Infektion vorbeugen?
Das HI-Virus wird zu 90 Prozent sexuell übertragen. Schutz davor bieten zum Beispiel Kondome. Diese schützen zusätzlich auch vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen wie Chlamydien oder Hepatitis B.
Frauen, die den Schutz nicht dem Partner überlassen wollen, können sogenannte Femidome benutzen. Das sind eine Art größere Kondome, die sich Frauen in die Vagina einführen.
Auch Oralverkehr kann man heute geschützt genießen. Dabei helfen dünne Latextücher, die Dental Dams, die zusätzlich vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen schützen. Auch wichtig als Zusatzschutz sind Kondome.
Es gibt keine Impfung gegen eine Infektion mit HI-Viren.
Aber es gibt die Möglichkeit, sich mit Medikamenten zu schützen. Man nennt diese Methode Präexpositionsprophylaxe, abgekürzt PrEP. Sie verhindert, dass sich das HI-Virus vermehren kann, und bietet einen über 95-prozentigen Schutz vor einer HIV-Infektion. Medizinerinnen und Mediziner sprechen hier auch von „Therapie als Prävention“ oder im Englischen von „Therapy as Prevention“ – kurz TasP.
Zu beachten gilt, dass die PrEP vor einer Ansteckung mit HIV schützt, aber nicht vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen.
Sie möchten genauer wissen, wie Sie sich mit einer Präexpositionsprophylaxe vor HIV schützen können? Auf der Webseite der Deutschen Aidshilfe erfahren Sie mehr.
Sie möchten Ihr Risiko für eine HIV-Infektion und andere sexuell übertragbare Infektionen (STI) abschätzen? WIR – Walk In Ruhr, Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin bietet einen anonymen Online-STI-Risikotest.
Welche Tests werden bei einer HIV-Infektion durchgeführt?
Bei Verdacht auf eine HIV-Infektion nimmt die Ärztin oder der Arzt eine Blutprobe. Um die Infektion zu diagnostizieren, wird die Probe zur Analyse ins Labor geschickt.
Dort werden zunächst bestimmte Abwehrstoffe nachgewiesen, sogenannte Antikörper. Dabei testet man, ob das Immunsystem von Patientinnen oder Patienten Kontakt zu HI-Viren hatte und bereits Antikörper dagegen gebildet hat. Dafür braucht der Körper Zeit: Im Durchschnitt sind die Antikörper frühestens drei Wochen nach der HIV-Infektion nachweisbar. Deshalb bedeutet ein negativer Antikörpertest nicht zwangsläufig, dass man nicht infiziert ist. Da bei einem positiven Antikörpertest ebenfalls nicht zwingend eine HIV-Infektion vorliegt, muss dieser durch einen weiteren Test überprüft werden.
Seit 2018 sind Selbsttests auf eine HIV-Infektion in Apotheken erhältlich. Das Paul-Ehrlich-Institut informiert darüber, welche Tests wie sicher sind.
Wie wird eine HIV-Infektion behandelt?
Eine HIV-Infektion zu heilen hieße, das Virus vollständig aus dem Körper zu entfernen. Weil sich das HI-Virus in das menschliche Erbgut einfügt, ist das bisher nicht möglich. Deshalb ist eine Infektion mit HIV medizinisch gesehen nicht heilbar. Sie lässt sich aber sehr gut behandeln. Behandlung bedeutet in diesem Fall, das Virus inaktiv zu halten und dadurch Aids zu verhindern. Um das zu erreichen, gibt es mehrere Möglichkeiten.
Schutz vor Risikokontakt
Die oben genannte Präexpositionsprophylaxe (PrEP) ist für Menschen gedacht, die ein gesteigertes HIV-Infektionsrisiko aufweisen. Die tägliche Einnahme einer Tablette bietet einen Schutz von über 95 Prozent. Die Kosten werden von den Krankenversicherungen übernommen.
Wichtig zu wissen: Von der Präexpositionsprophylaxe zum Schutz vor HIV-Risikokontakten profitieren Frauen und Männer gleichermaßen.
Schutz nach Risikokontakt
Eine sogenannte Postexpositionsprophylaxe (PEP) lässt sich innerhalb von 72 Stunden nach einer Infektion durchführen. Je früher man jedoch beginnt – am besten innerhalb der ersten 24 Stunden –, umso sicherer ist die Schutzwirkung.
Die PEP wird in Notfällen eingesetzt und verringert die Wahrscheinlichkeit, sich mit dem HI-Virus anzustecken, etwa bei Nadelstichverletzungen oder wenn ein Kondom gerissen ist. Betroffene nehmen dazu vier Wochen lang Medikamente ein, die eine Ausbreitung des HI-Virus im Körper verhindern.
Behandlung bei nachgewiesener HIV-Infektion
Wirksame Medikamente ermöglichen Menschen mit HIV ein fast normales Leben. Sie haben eine ähnliche Lebenserwartung wie Menschen ohne HIV und sind nicht infektiös. Weder im Beruf noch in der Freizeit müssen sie sich einschränken. Sie können ihre Sexualität ausleben und ohne Gefahr auf natürliche Weise Kinder bekommen.
Die HIV-Therapie wird auch antiretrovirale Therapie genannt. Menschen mit einer HIV-Infektion nehmen dazu täglich Medikamente ein, die mehrere Wirkstoffe in Kombination enthalten. Diese verhindern, dass sich HI-Viren vermehren: Die Zahl infizierter Zellen sinkt drastisch, sodass sich die Infektion nicht ausbreiten und die Erkrankung nicht ausbrechen kann. Werden die Medikamente regelmäßig und mindestens ein halbes Jahr lang eingenommen, ist es fast unmöglich, andere anzustecken.
Die antiretrovirale Therapie entfernt das HI-Virus nicht vollständig aus dem Körper. Medizinisch gesehen heilt sie die Infektion nicht. Daher müssen Menschen mit HIV diese Medikamente lebenslang einnehmen.
Wie sieht das Leben mit HIV aus?
Wird eine HIV-Infektion behandelt, lebt es sich damit wie mit vielen anderen chronischen Erkrankungen auch. Menschen mit HIV können einen normalen Alltag erleben. Sie sind nicht öfter krank und leisten genauso viel wie Menschen ohne HIV. Dennoch werden sie oft diskriminiert oder abgelehnt. Um daran zu erinnern und alle Menschen zur Solidarität aufzurufen, wurde der Welt-AIDS-Tag ins Leben gerufen. Er findet seit 1988 jährlich am 1. Dezember statt.
Zur Webseite des Welt-AIDS-Tags
Sie möchten etwas über die Geschichte des HI-Virus erfahren? Auf der Webseite HIV – Ein Rückblick der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lesen Sie mehr.
Ansprechpartner für HIV und Aids
Liebesleben ist die Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Hier können Sie sich über Liebe, Sex und Schutz informieren.
Allgemeine Informationen und Beratung rund um das Thema HIV und Aids finden Sie auf der Webseite der Deutschen Aidshilfe.
Zudem informiert die Deutsche Aids-Stiftung zu HIV und AIDS.
Auch WIR – Walk in Ruhr, Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin vermittelt Wissenswertes und Nützliches zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen.
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF). S2k-Leitlinie: HIV-Präexpositionsprophylaxe. AWMF-Registernummer: 055/008. 05.2018. Aufgerufen am 18.11.2020.
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF). S2k-Leitlinie: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) – Beratung, Diagnostik und Therapie. AWMF-Registernummer 059/006. 08.2018. Aufgerufen am 18.11.2020.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Liebesleben. Aufgerufen am 05.11.2020.
- Deutsche Aidshilfe. Aufgerufen am 05.11.2020.
- Deutsche AIDS-Stiftung. Website. Aufgerufen am 05.11.2020.
- Paul-Ehrlich-Institut. HIV-Selbsttests. Aufgerufen am 05.11.2020.
- Rabenau HF et al. Nachweis einer Infektion mit Humanem Immundefizienzvirus (HIV): Serologisches Screening mit nachfolgender Bestätigungsdiagnostik durch Antikörper-basierte Testsysteme und/oder durch HIV-Nukleinsäure-Nachweis. Bundesgesundheitsblatt 2015. 58: 877–886. Aufgerufen am 05.11.2020.
- Robert Koch-Institut (RKI). RKI-Ratgeber: HIV-Infektion/Aids. Aufgerufen am 05.11.2020.
- Robert Koch-Institut (RKI). SurvStat@RKI 2.0. Aufgerufen am 05.11.2020.
- Weltgesundheitsorganisation (WHO). Key facts HIV/Aids. Aufgerufen am 05.11.2020.
Geprüft durch die Deutsche STI-Gesellschaft e.V.
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